Narrenzunft Stegstrecker Pfullendorf

Unser Narrenmarsch

Wenn der Narrenmarsch erklingt, schlägt bei den Pfullendorfern das Herz höher. Wie entstand er?

Wenn die ersten Trommelschläge erklingen, hält es keinen Pfullendorfer Narr mehr auf seinem Stuhl. Der Narrenmarsch gehört untrennbar zur Pfullendorfer Fasnet. Man kann gar nicht anders, als aufspringen, singen, mitklatschen. Ohne den Marsch wäre die Fasnacht in der Stadt um einiges ärmer. Selbst wenn man ihn schon dutzendfach gehört hat – einmal geht immer noch. Nicht umsonst ist auch das Motto des Landschaftstreffens 2020 dem Text des Narrenmarschs entlehnt. „In dulci jubilo“ lautet es – das ist lateinisch und steht für „in süßer Freude“. Es trifft das Gefühl, welches die Pfullendorfer empfinden, wenn sie ihre Fasnet feiern – und die Stadtmusik dazu spielt.

Ohne sie wäre die Fasnacht ärmer: Die Stadtmusik, angeführt von Thomas Stöhr, spielt den Narrenmarsch. Foto: Eugen Fischer

Der Pfullendorfer Narrenmarsch gehört zu den ältesten Narrenmärschen in der schwäbisch-alemannischen Fasnacht. Komponiert wurde er wohl um das Jahr 1876 von dem Riedlinger Friedrich Ullrich als „Radau-Marsch“. In der Donaustadt wurde der Marsch an der Fasnacht gespielt, verbreitete sich über einen Leipziger und Kölner Musikverlag – und wurde so auch in Köln zu einem Karnevalsmarsch. Auf welchem Weg genau die Melodie nach Pfullendorf kam, ist unklar. Es war jedenfalls Ende des 19. Jahrhunderts. Den Text geschrieben hat der Medizinalrat Dr. Josef Schreck, der im Jahr 1895 die Fasnacht in Pfullendorf nach einigen ruhigeren Jahren neu belebt hat. Die von ihm neu gegründete Fasnachtsgesellschaft mit dem Namen „Narrhalla“ taucht in einer Strophe auf. Von Fasnet ist im Liedtext nicht die Rede, dafür aber von „Fasching“ und „Karneval“. Das passt auch zu der Zeit um 1900, als der Karneval rheinischen Stils überall in Mode war – auch im Linzgau.

Der Musikbeauftragte der Vereinigung schwäbischer-alemannischer Narrenzünfte (VSAN), Andreas Dangel, hat der Geschichte des Radau-Marschs nachgeforscht – und er kennt auch die Historie anderer Märsche, zu denen die Narren heute springen. Er schreibt in einem Beitrag für das „Fastnachtsjournal“ der VSAN, dass die Märsche in den meisten Narrenstädten erst nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ab 1920 bis zum erneuten Kriegsausbruch 1939 entstanden sind. Auch auf den ersten Narrentreffen in dieser Zeit – seit dem großen Treffen in Villingen 1929 – habe man mit den Märschen auswärts seine „lokale Identität“ zeigen wollen. Die meisten Pfullendorfer Stadtmusiker können den Marsch vermutlich fast im Schlaf spielen. Für eine Wette spielten sie ihn sogar einmal in Badekleidung, im Seepark-See stehend.

Ein zweites Pfullendorfer Fasnachtslied ist später entstanden, es wurde von Stadtmusikdirektor Max Serazio komponiert, der von 1972 bis 1996 die Stadtmusik dirigierte. Sein „Narrenwalzer“ gehört heute ebenfalls zu jedem Auftritt der Musiker an der Fasnacht dazu. Jörg Heinzle